Die Giebel (Carassius gibelio) und die Karausche (Carassius carassius) sind zwei Süßwasserfische, die sich auf den ersten Blick sehr ähneln. Sie gehören beide zur Familie der Karpfenfische und sind eng miteinander verwandt. Aufgrund ihrer Ähnlichkeit sind sie für viele Angler und Naturinteressierte schwer zu unterscheiden. Dennoch gibt es einige eindeutige Merkmale, die helfen können, diese beiden Fischarten auseinanderzuhalten. Dieser Artikel beschreibt die wichtigsten Unterschiede zwischen Giebel und Karausche und gibt Tipps zur Bestimmung.
1. Herkunft und Verbreitung
Die Karausche ist ein in Europa heimischer Fisch und kommt vor allem in stehenden oder langsam fließenden Gewässern vor. Sie bevorzugt flache, pflanzenreiche Seen, Teiche und Altgewässer. In vielen europäischen Regionen ist sie jedoch selten geworden, da sie durch Konkurrenz anderer Arten und durch die Verbauung von Gewässern stark unter Druck steht.
Der Giebel hingegen stammt ursprünglich aus Ostasien und wurde erst im Laufe des 20. Jahrhunderts in Europa eingebürgert, häufig durch Besatzmaßnahmen und unabsichtliche Einschleppungen. Heute ist er in vielen europäischen Gewässern weit verbreitet und hat sich in vielen Biotopen erfolgreich angesiedelt, was teilweise zur Verdrängung der heimischen Karausche geführt hat.
2. Körperbau und Form
Ein grundlegendes Unterscheidungsmerkmal zwischen Giebel und Karausche ist der Körperbau:
• Karausche: Die Karausche hat eine eher hochrückige und kompakte Körperform mit einem gleichmäßig geformten Bauch. Der Kopf ist im Vergleich zum Körper klein und stumpf, die Flossen sind relativ kurz und der Körper wirkt insgesamt eher gedrungen.
• Giebel: Der Giebel kann ebenfalls hochrückig sein, ist jedoch häufig etwas weniger gedrungen als die Karausche. Ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal ist die Form des Rückens, der beim Giebel meist etwas flacher ausläuft. Zudem kann der Giebel je nach Alter und Umweltbedingungen sehr variabel in der Körperform sein, was die Unterscheidung erschweren kann.
3. Flossen und Flossenstrahlen
Ein auffälliges Merkmal zur Unterscheidung von Giebel und Karausche ist die Form und Struktur der Rückenflosse.
• Karausche: Die Rückenflosse der Karausche ist relativ kurz und gleichmäßig gebogen. Sie hat eine abgerundete Form und meist nur sehr wenige harte Flossenstrahlen. Die Afterflosse ist ebenfalls relativ kurz und gleichmäßig geformt.
• Giebel: Der Giebel besitzt in der Regel eine deutlich längere Rückenflosse als die Karausche, die oft höher und mit einer ausgeprägten S-förmigen Wölbung versehen ist. Außerdem hat der Giebel häufig mehr harte Flossenstrahlen in der Rückenflosse als die Karausche. Diese Flossenform kann beim Erkennen hilfreich sein, ist aber nicht immer eindeutig.
4. Farbe und Schuppenkleid
Die Färbung und die Struktur des Schuppenkleids sind ebenfalls wichtige Merkmale zur Unterscheidung der beiden Arten.
• Karausche: Die Karausche hat meist eine gold-bronzene bis kupferfarbene Körperfärbung, die besonders unter Sonneneinstrahlung gut sichtbar ist. Die Schuppen sind relativ groß und gleichmäßig angeordnet, und das Schuppenkleid wirkt dadurch sehr glatt und ordentlich.
• Giebel: Der Giebel hat eine silbrigere bis gräulich-goldene Färbung, die oft weniger glänzend ist als die der Karausche. Die Schuppen des Giebels können leicht variieren und wirken teilweise dunkler an den Rändern. Die Farbe kann aber je nach Wasserqualität und Umgebung stark schwanken, was die Unterscheidung erschwert.
5. Maul und Barteln
Ein sehr hilfreiches Merkmal ist das Maul der beiden Arten, insbesondere in Bezug auf Barteln:
• Karausche: Die Karausche hat ein kleines, endständiges Maul ohne Barteln. Diese fehlenden Barteln sind ein wichtiges Erkennungsmerkmal und helfen, die Karausche von anderen ähnlichen Fischarten wie Karpfen zu unterscheiden.
• Giebel: Auch der Giebel besitzt kein deutlich erkennbares Bartelpaar. Im Gegensatz zum Karpfen und anderen verwandten Arten haben sowohl der Giebel als auch die Karausche ein bartelloses Maul, was sie optisch sehr ähnlich macht.
6. Verhalten und Lebensraum
Der Lebensraum und das Verhalten der beiden Arten können ebenfalls Hinweise auf ihre Identität geben.
• Karausche: Die Karausche ist an sauerstoffarme Gewässer angepasst und kann in sehr extremen Bedingungen überleben, in denen andere Fische oft nicht mehr existieren können. Sie bevorzugt Gewässer mit hohem Pflanzenbestand und ist meist in kleineren Seen, Teichen und Altarmen zu finden.
• Giebel: Der Giebel ist etwas weniger tolerant gegenüber Sauerstoffmangel, kommt aber ebenfalls in stehenden und langsam fließenden Gewässern vor. Er kann auch in größeren Flüssen und Kanälen angetroffen werden. Da er in vielen Gewässern eingeführt wurde, hat er sich gut an unterschiedliche Bedingungen angepasst und ist in Europa heute in einer Vielzahl von Habitaten zu finden.
7. Fortpflanzung und Hybridbildung
Ein weiteres interessantes Unterscheidungsmerkmal ist das Fortpflanzungsverhalten der beiden Arten:
• Karausche: Die Karausche pflanzt sich auf herkömmliche Weise fort, indem Männchen und Weibchen zusammen ablaichen.
• Giebel: Der Giebel kann sich hingegen auch ohne männliche Partner fortpflanzen. Die Weibchen können durch Spermien anderer Fischarten zur Eiproduktion angeregt werden, ohne dass eine Befruchtung im klassischen Sinne stattfindet (Gynogenese). Dieser Fortpflanzungsmodus ist einer der Gründe, warum der Giebel in vielen Gewässern so erfolgreich und oft dominierend ist.
Fazit
Die Unterscheidung zwischen Giebel und Karausche ist nicht immer einfach, insbesondere weil beide Arten ähnliche Lebensräume bevorzugen und sich optisch stark ähneln. Dennoch gibt es einige Merkmale, die dabei helfen können:
• Rückenflosse: Der Giebel hat oft eine längere und höher gebogene Rückenflosse als die Karausche.
• Körperfärbung: Die Karausche hat eine eher bronzene Färbung, während der Giebel oft silbriger wirkt.
• Maul und Barteln: Beide Arten besitzen keine Barteln, was sie vom Karpfen unterscheidet.
• Lebensraumpräferenzen: Die Karausche ist häufiger in kleinen, pflanzenreichen Gewässern anzutreffen, während der Giebel variabler ist und oft auch in größeren Flüssen vorkommt.
Für Angler und Naturfreunde lohnt es sich, auf diese Details zu achten, um die beiden Arten korrekt zu identifizieren.